Kuba. Deutschland auf der Buchmesse

Autorin: Rosa Muñoz Lima / Violeta Campos
Redaktion: Claudia Herrera Pahl

Foto: Cámera Cubana del Libro

Die ehemalige Festung „La Cabaña“ öffnet ihre Tore für das „literarische Ereignis des Jahres“ in Havanna: die Internationale Buchmesse auf Kuba. Auch deutsche Literatur ist mit fast 600 Titeln von 210 Verlagen vertreten.

Zum 21. Mal ist Buchmesse auf Kuba: Zunächst in der Hauptstadt Havanna (09. bis 19.02.2012), später gehen verschiedene Teile der Schau auf Tour. Bis März sind dann in allen Provinzen des Karibikstaates kleine Ableger der Buchmesse zu Gast. Gewidmet ist die Messe diesmal den Kulturen aller Völker in der Karibik – also vom Süden der USA bis zum brasilianischen Nordosten.

200 Autoren und Publizisten aus rund 30 Ländern wollen nach Kuba kommen. Mit von der Partie sind der mexikanische Schriftsteller Sergio Pitol (Cervantespreis 2005), karibische Intellektuelle wie Sir Hilary Beckles aus Barbados, die Haitianerin Suzy Castor und der Jamaikaner Norman Girvan. Gäste werden aber auch aus anderen Teilen der Welt erwartet. Unter anderem die österreichische Wirtschaftswissenschaftlerin Kari Polanyi-Levitt, die russische Autorin Marina Moskvina, der US-Historiker Peter Philipps und der belgische Soziologe François Houtart.

Ein „kulturelles Produkt, kein kommerzielles“

Wie das gesamte Kulturleben auf Kuba ist auch die „Feria Internacional del Libro“ abhängig von staatlichen Subventionen, so der Generaldirektor der Messe, Eduardo Fernández. Es ist keine Geschäftsmesse, wie die Frankfurter Buchmesse in Deutschland, sondern eher eine „Publikumsmesse“ wie die Leipziger, sagt Dietmar Koschmieder, Sprecher des Berliner Büros der Buchmesse Havanna.

Dennoch werden in Havanna auch Verträge geschlossen. So hatte sich dort die Berliner Eulenspiegel-Verlagsgruppe vor ein paar Jahren die deutschen Rechte für Fidel Castros Autobiographie “ Mein Leben“ gesichert. Auch Verlage, die Wörterbücher und Material zum Deutschlernen veröffentlichen, machen auf der „Feria Internacional del Libro“ Geschäfte.

In erster Linie sei die Buchmesse aber eines der wichtigsten kulturellen Ereignisse in Kuba überhaupt, sagt Dietmar Koschmieder: „Es ist auch beeindruckend zu sehen, was für ein ungeheuer starkes Interesse in der kubanischen Gesellschaft am geschriebenen Wort existiert, auch von Menschen, die nicht reich sind, die nicht davon ausgehen können, dass sie überall und jederzeit Bücher kaufen können.“

„Für uns ist das Buch nicht nur ein kommerzielles Produkt, es ist ein kulturelles Produkt“, sagt auch Messedirektor Fernández. Auch wenn die Messe für Verleger kein interessanter Ort zum Geschäftemachen ist, für das Publikum sei sie attraktiv. Zur letzten „Feria Internacional del Libro“ kamen mehr als zwei Millionen Besucher. Zumindest statistisch gesehen hat fast jeder von ihnen dort ein Buch gekauft, so die Schätzungen des Kubanischen Buchinstituts. Und das in einem Land, das insgesamt gerade mal etwa 11 Millionen Einwohner hat.

Von den 400 Titeln, die kubanische Verlage dieses Jahr herausbringen werden, stammen fast 50 von karibischen Autoren oder sie befassen sich mit karibischen Themen. Daneben gibt es Klassiker und zeitgenössische Universalwerke wie „Die wiedergefundene Zeit“ von Marcel Proust, „Das gefrorene Herz“ von Almudena Grandes, „Die Dame im Spiegel“ von Virginia Woolf und „Lord Jim“ von Joseph Conrad.

Deutschland unter den Ausstellern

An die 130 Aussteller werden auf der Messe vertreten sein, darunter sind mehr als 60 ausländische: Verlage wie „Urano“ aus Mexiko, „El mundo de los minilibros“ aus Peru oder „Librifer“ und „Editorial Popular“ aus Spanien. Außerdem dabei: „Linke“ Verlage wie „Pathfinder Press“ aus Großbritannien, „Wissenschaft, Kultur und Politik“ aus Belgien und die australische Ocean Press (mit einem „radikalen Blickwinkel auf Politik und Geschichte“, wie der Verlag es nennt – Schwerpunkt: Lateinamerika).

Am deutschen Gemeinschaftsstand kann man in diesem Jahr in fast 600 Titeln von 210 Verlagen blättern: Sachbücher, die aktuellste deutsche Literatur, Kinder- und Jugendliteratur sowie spanische und englische Übersetzungen und Sprachlehrbücher. Eine Auswahl, die federführend die Macher der Frankfurter Buchmesse zusammengestellt haben.

Mit Ausnahme des Rosa-Luxemburg-Verlags und einigen wenigen wissenschaftlichen Verlagen oder denen, die Sprachlehrbücher herausgeben, „ist von den Verlegern schon lange keiner mehr unmittelbar in Havanna dabei gewesen. Dafür ist der Markt zu klein“, sagt Dieter Schmidt von der Frankfurter Buchmesse: „Der Import über Buchhandlungen ist sehr gering, einfach weil Kuba auch ein armes Land ist“. Deutschland präsentiere hier „ein rein kulturelles Projekt“, so Schmidt, weil die Messe ein „Fest für die Kubaner“ sei. „Sie können da Bücher bekommen, die sie sonst nicht kaufen können.“ Außerdem gehe es auf der Messe „viel freier“ zu, als sonst in Kuba.

Eine deutsche „alternative“ Präsenz

Aber das war nicht immer so: Vor acht Jahren schlug Deutschland eine Einladung aus, „Schwerpunktland“ auf der Messe zu werden. Das Auswärtige Amt nannte damals die Verschlechterung der Menschenrechtslage in Kuba und die erneute Vollstreckung von Todesurteilen als Grund für die Absage.

Zwischen 2004 und 2007 war Deutschland dann nicht mehr auf der „Feria Internacional del Libro“ vertreten – zumindest offiziell. Doch nicht nur linke Verlage wollten sich damals dem Boykott nicht anschließen. Das Berliner Büro Buchmesse Havanna – ein Projekt von Gewerkschaften und Kuba-Solidaritätsgruppen und linken Verlagen – organisierte einen „alternativen“ deutschen Messeauftritt.

„Noch nie waren so viele deutsche Verlage in Havanna wie in den Jahren des Boykotts“, sagt Dietmar Koschmieder, der Sprecher des Berliner Büros. Nach seinen Angaben war während des „Boykotts“ nur die Minderheit der Verlage „links“, die mit dem Berliner Büro zur Buchmesse nach Havanna reisten. Der Tenor von prestigeträchtigen Häusern wie Rowohlt, Suhrkamp, Langenscheidt und Random House, die keine politische Sympathie für Havanna hegen, habe damals gelautet: „Wir lassen uns von der Bundesregierung nicht vorschreiben, wo wir teilnehmen.“

Seit Ende des Boykotts, also seit 2008 präsentiert sich in Havanna die Mehrheit der großen deutschen Verlage wieder am „offiziellen“ Stand, organisiert von der Frankfurter Buchmesse – so auch in diesem Jahr.

Quelle: Deutsche Welle vom 9.2.2012, online unter http://www.dw.de/dw/article/0,,15726812,00.html abrufbar

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