Wenn die Bücher tanzen

Impressionen von der 18. Buchmesse in Havanna

Von Dietmar Koschmieder

Wenn das Volk regieren soll, muß es zuerst einmal lesen können. Die Revolution in Kuba vor 50 Jahren markiert hierfür einen Wendepunkt. Heute werden auch in anderen LÄndern Lateinamerikas – vor allem dort, wo die Linke regiert – kubanische Programme zur Alphabetisierung angewandt. Aber Iberoamerika ist längst noch kein Subkontinent der Bücher. Für die Masse der Armen bleibt neben der Fähigkeit, sie lesen zu können, der Besitz von Büchern unerreichbar. Entsprechend schwach ist die Buchkultur in Lateinamerika entwickelt: Verlage können von den niedrigen Auflagen kaum existieren, Buchhandlungen sind selten.

In Kuba ist der Zugang zum Buch kein Privileg. Die Lust am Lesen gehört allen. Über 500000 Menschen besuchten im Februar die 18. Internationale Buchmesse in Havanna. Es war ein Fest der Kultur, der Wissenschaft und Bildung – voller Lebensfreude. Bis zum 8. März wurde die »Feria del Libro« in 15 weiteren Städten fortgesetzt. Insgesamt wurden etwa 2,6 Millionen Bücher verkauft. Kuba präsentierte sich im besten Sinne als Entwicklungsland: kulturell entwickelt.

Neben dem offiziellen bundesdeutschen Stand der Frankfurter Buchmesse, finanziert vom Auswärtigen Amt, waren Cuba Sí sowie das Berliner Büro Buchmesse Havanna vertreten, zu dem die junge Welt gehört. Auch nach dem Ende des Boykotts der Messe durch die Bundesregierung setzen wir dieses 2004 begonnene Projekt fort. Eine gute Entscheidung. Bei den Besucherinnen und Besuchern ist weiter großes Interesse da, Europa und Deutschland auch aus linker Sicht zu erfahren. Bei den Projekten, die wir besuchten, den Menschen, die wir trafen, konnten wir erleben, wie SolidaritÄt wirkt, und selbst neue Kraft schöpfen. Wir begegneten Widersprüchen, Problemen und offenen Fragen. Aber nicht einem Land in Agonie oder Orientierungslosigkeit, wie bürgerliche Medien halluzinieren. Die Versorgung in Havanna ist vielfältiger und günstiger geworden, der Nahverkehr verbessert.

Viele Ideen haben wir mit nach Hause genommen. Für die Los Cincos, die fünf in den USA eingekerkerten Aufklärer, werden wir eine Konzertreihe mit kubanischen Musikern veranstalten. Die Solidarität geht weiter. Gemeinsam mit Verlagen, Gewerkschaften und Soli-Gruppen wollen wir auch im kommenden Jahr in Havanna präsent sein.

junge Welt vom 14.03.2009

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